Zwischen Reiter und Pferd muss nicht nur der Sattel passen

Es gibt verschiedenste Reiter Pferd Paare. Manche sehen auf den ersten Blick unheimlich harmonisch aus, alles scheint zu passen, auch trainings- und umgangstechnisch läuft es sehr gut und der Charakter und Ausbildungsstand des Pferdes passen  ideal zu dem des Menschen. Bei anderen Paaren fragt man sich allerdings manchmal, ob das wirklich eine gute Kombi ist. Der Klassiker wäre hier der Reitanfänger und das Jungpferd. Oder der Angstreiter und das Pferd mit viel "Go". Auch häufig anzutreffen sind die Unerfahrenen mit den Problempferden. Bei all diesen Paaren stellt sich die Frage: "Kann das funktionieren?"

 

Ich bin lange der Meinung gewesen, dass man jedes Pferd und jeden Reiter zu einem Team machen kann, wenn die Organisation, die Disziplin und das Training stimmt. Und ein entsprechend kompetenter Trainer mitwirkt. Auf dem Trainer und auf der Disziplin liegt die Betonung. Denn von nichts kommt nichts  und ohne jemanden mit Ahnung ist es schwer herauszufinden, was man eigentlich tun muss. Wenn ich aber bereit bin, mich fortzubilden, diszipliniert regelmäßig mit meinem Pferd zu arbeiten, in einen guten Trainer und eventuell auch in Stunden mit Lehrpferd zu investieren dann kann auch ein Reitanfänger ein Jungpferd ausbilden, der Angstreiter ohne Angst das Pferd mit viel Go reiten und die Unerfahrenen aus ihrem Problempferd ein Verlasspferd machen. ABER EBEN NUR MIT FACHMÄNNISCHER HILFE!!! Und das muss man sich auch eingestehen.

 

Fehlende oder falsche Kommunikation ist meiner Meinung nach die Ursache für 90% aller Missverständnisse. (Nicht nur in der Arbeit mit Pferden.) Wenn ein Reiter nicht ehrlich zu sich selbst ist und sich eingesteht, dass ihm einfach die Erfahrung, die Übung, oder auch der Mut zu etwas fehlt sind Probleme vorprogrammiert. Oft wird erst dann wenn die Probleme schon massiv sind ein Trainer dazugeholt, anstatt diesen von Anfang an einzubinden um eben solche Schwierigkeiten direkt zu VERMEIDEN! Denn wenn der Trainer rät keinen Sattel auf das Pferd zu legen ehe der Osteopath da war, hat das mit Sicherheit seine Gründe. Wenn der Trainer sagt "übe die Grundlagen solange bis es sicher klappt ehe du ans Anlongieren denkst" hat das seine Gründe! Wenn der Trainer dann auch noch begründet, dass das Pferd dringend Behandlungsbedarf hat und womöglich sonst beim reiten bockt, weil es im Rücken zwickt, sollte spätestens an dieser Stelle klar sein warum man es einfach nicht tun sollte. Egal wie sehr es einen in den Fingern juckt und wie brav das Pferd inzwischen beim longieren läuft oder am Anbinder steht.

 

Hat man nun keinen Trainer an der Hand, oder holt ihn nur alle paar Wochen (oder Monate) und kommuniziert zwischendrin nicht mit ihm, fehlen diese Empfehlungen und Ratschläge natürlich. Und dann packt man halt mal den Sattel auf das Jungpferd, hängt es an die Longe und wundert sich warum der Gaul wild um einen rumbockt, nicht anhält, auf nichts reagiert und einen womöglich noch beinahe umrennt. Die Grundlagen (Führen, Anhalten, Abstand, Weichen, Stimmkommandos, Körpersprache) haben doch zu 60% geklappt. Und dann bekommt der Reiter Angst oder er wird wütend. Wut führt meist zu ungerechtem Strafen und falschem Umgang mit dem Pferd, was immer negative Folgen hat und alles noch mehr verschlimmert. Angst führt meistens entweder zur Vermeidung des Trainings bzw dem, was problematisch ist und stört auch die Sachen, die schon gut geklappt haben, da sich die Unsicherheit aufs Pferd überträgt. Was das für eine Kette auslöst ist logisch, am Ende wird der Umgang mit dem Pferd gänzlich vermieden oder es kommt sogar zum Verkauf des Pferdes. In beiden Fällen versteht das Pferd die Welt nicht mehr. Und in beiden Fällen hätte der Rat eines Trainers (oder das Hören auf eben diesen Rat) viel Kummer erspart.  Ist das Kind nun in den Brunnen gefallen kann man aber noch immer einen Trainer hinzuziehen bzw seinem Trainer offen und ehrlich sagen was vorgefallen ist und um Rat bitten wie es weitergehen soll/ kann. Ja, ich sags ganz ehrlich eine strafender Blick oder ein kritischer Kommentar kommt bestimmt. Aber ein guter Trainer meint das A nicht persönlich und B möchte er trotzallem das Beste draus machen und die Schwierigkeiten angehen, denn das Ziel ist nach wie vor aus dem Reiter und dem Pferd ein Team zu machen. Und ich zum Beispiel schätze es einfach schonmal sehr, wenn der Reiter ehrlich zu mir ist, denn auf dieser Grundlage kann man aufbauen.

 

Was aber, wenn der Reiter sich nun trotzallem entschließt das Pferd zu verkaufen? Ich sage mal so, es steht jedem frei. Und manchmal gibt es auch einfach Kombis, wo die Chemie absolut nicht stimmt, wo der Funke fehlt oder wie auch immer man es nennen möchte. Wenn die Reiterei ein Hobby ist und es nicht um die große Karriere geht, sondern in erster Linie um Freude, ist es absolut keine Schande ein Pferd abzugeben und den passenden Menschen dafür zu suchen. Genauso, wie es keine Schande ist wenn man sich dem Pferd nicht gewachsen fühlt, zu viel Angst hat oder andere Umstände einen dazu bringen das Pferd zu verkaufen. Ich finde es nur immer unheimlich traurig, wenn solche Verkäufe stattfinden, weil Menschen am falschen Ende gespart haben (Schabracke, statt Trainer), es selbst vermurkst haben und es sich nicht eingestehen oder Angst haben und nicht mit ihrem Trainer kommunizieren und lieber ein Herzenspferd abgeben. Gerade wenn man Angst hat muss man sich professionelle Hilfe suchen! Angst verschwindet nicht mit einem Pferdewechsel, sondern muss mit gutem Training/ Coaching angegangen werden.

 

Ich glaube fest daran, dass man fast alles hinkriegen kann (im Rahmen der physischen und psychischen Möglichkeiten von Pferd und Reiter). Und für mich ist Aufgeben keine Option. Es ist nur die Frage wie viel Zeit und Geduld man bereit ist zu investieren. Ich habe viele sehr unterschiedliche Pferde. Und ich bilde inzwischen mit jedem einzelnen ein Team. Wir kennen einander in und auswendig, bei manchen ging es schneller, bei anderen hat es JAHRE gedauert. Und auch wenn ich oft verzweifelt und frustriert war, ja auch manchmal Angst hatte, ich habe nicht aufgegeben. Und es hat sich gelohnt.

 

 

Mein Rat ist, wenn ihr zu eurer Freude reitet und ein Pferd habt, dann seid immer ehrlich zu euch selbst, zu eurem Pferd (und eurem Trainer). Sucht euch Hilfe und nicht erst wenn es zu spät ist. Werdet euch klar darüber was ihr wollt und wenn in diesen Plan das Pferd, das warum auch immer an eurer Seite steht nicht reinpasst, ist das durchaus ok (manchmal stimmt einfach die Chemie nicht, wir können ja auch nicht jeden Menschen gleich gut leiden). Aber sucht die Schuld nicht beim Pferd, bleibt fair, lasst eure Angst nicht gewinnen und handelt immer im Sinne des Pferdes. Das sind wir den Pferden schuldig, denn im Gegensatz zu uns können sie sich ihren Menschen nicht aussuchen.